F i n i s T e r r A

Heute hatte er sie im Traum beinahe deutlich vor sich gesehen. Wobei – was heißt schon deutlich, wenn man von einem Traum spricht? Es war vertrackt. Doch sie war es gewesen, kein Zweifel, er war zu ihr durchgedrungen. Nach wie vor war sie ihm vollkommen unbekannt. Eine Erscheinung, mehr nicht. Aber eine, die ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf ging. Weitere Träume könnten Klarheit bringen, oder aber völlige Verwirrung, wenn andere Elemente sich weiter in das Bild mischten. Bei zu starker Linearisierung könnte sie weiter fort rücken und er sie vielleicht für immer verlieren. Es war riskant. Und doch würde er erneut die Einstellungen im Alpha-Bereich modulieren, nur ein wenig und mehr auf's Geratewohl als einer Erkenntnis folgend, und es erneut versuchen, das stand außer Frage.

Unvergesslich blieb ihm jener Moment, als sie zum ersten Mal vor ihm aufgetaucht war, ganz plötzlich und ohne Ankündigung. Über ihre fein geschwungenen Lippen hatte sie das Wort "Dunkelheit" gehaucht. Nur dieses Wort, nichts weiter. Und doch war es viel mehr gewesen als das, eine überraschende, mystische Ansprache, sehr deutlich an ihn gerichtet, die Fragen aufgeworfen und, ja, auch ein Verlangen in ihm geweckt hatte, mehr zu wissen, mehr zu sehen, mehr von ihr. Seitdem existierte sie für ihn, zwar noch immer nur als verwaschenes, flüchtiges Traumbild in seinem Kopf, aber doch mit jeder ihrer allzu kurzen Begegnungen realer. Er war sich zunehmend sicher, dass sie existieren musste. Irgendwo und irgendwie. Sieben Mal hatte er sie seither gesehen, immer nur sehr kurz und fluide, hatte manchen Stimulus versucht, x-mal seine Wellenprotokolle jener ersten Nacht studiert und versucht, sich erneut in das damalige Stadium zurückzuschwingen, und es doch bisher nicht fertig gebracht, sie noch einmal in gleicher Schärfe und Festigkeit zu sehen. In morphischen Verästelungen schien sie sich ihm mehr zu verbergen, als zu zeigen, sich ihm zu entziehen, nur um im nächsten Moment doch wieder einen Schritt näher zu kommen.

Er startete das Programm, ein leiser Signalton zeigte den Beginn der ersten Stufe an. Er machte es sich bequem, legte die Verkabelung zurecht und schloss die Augen. Draußen rüttelte der ewige Sturm an den abgeschliffenen Kanten seiner Kapsel, warf Garben von Ionen an die erodierten Wände. Für ihn war das nur ein fernes Donnerrollen und klang mit ein wenig Phantasie gar wie die Brandung eines weiten Meeres. Er imaginisierte sich auf einem Strand, barfuß, im leichten Abendlicht. Sie neben ihm. Ihr Gesicht – nein, klar konnte er es nicht fassen. Noch immer nicht.

Stufe Zwei wurde eingeleitet, die Außengeräusche begannen für ihn zu verschwimmen, er sank tiefer und tiefer. Blau. Dunkleres Blau. Dunkelheit.